Woher kommen die Fachkräfte von morgen?
Forschende stellen 9+1 Thesen auf, um die Berufsbildung weiterzuentwickeln
Klimawandel, Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder die Energiewende stellen unsere Gesellschaft vor große Veränderungen. Doch wer montiert die Windräder oder Solaranlagen? Wer meistert die steigenden Anforderungen in der Pflege? Und wer sorgt dafür, dass in Schulen und Unternehmen wirklich digital vernetzt gearbeitet werden kann? Die Antwort erscheint klar: Ohne ausgebildete Fachkräfte wird es nicht funktionieren. Doch gleichzeitig werden Berufsausbildungen immer unattraktiver: Die Zahl der Ausbildungsverträge geht seit längerem zurück – ein Negativtrend, der sich in der Corona-Pandemie deutlich verschärfte. Und fehlen heute Auszubildende, fehlen morgen Fachkräfte. Unter der Leitung des Fachbereichs Wirtschafts- und Sozialwissenschaften von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) haben Forscherinnen und Forscher ein wissenschaftliches Diskussionspapier mit „9+1“ Thesen veröffentlicht. Ihr Ziel: die Berufsausbildung weiterentwickeln, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Mit ihren neun Thesen deckt die Arbeitsgruppe alle wichtigen Phasen der beruflichen Bildung ab:
- die berufliche Orientierung,
- das Übergangssystem,
- die duale Berufsausbildung,
- die Berufsbildung im Pflegebereich,
- die formale berufliche Weiterbildung,
- die non-formale berufliche Weiterbildung,
- die Übergänge zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung,
- die Qualifizierung des Berufsbildungspersonals sowie
- Entrepreneurship und Intrapreneurship.
Grundlegende Prinzipien, die eine moderne Berufsbildung ausmachen, unterlegen die Thesen und bilden eine „+1-Komponente“. Aus den Thesen lassen sich Empfehlungen ableiten, wie sich Berufsausbildungen attraktiver gestalten lassen. Die wichtigste Erkenntnis: Es reicht angesichts der großen Aufgaben, die auf die Gesellschaft zukünftig zukommen, nicht aus, lediglich einen Bereich im Blick zu haben. Vielmehr ist es nötig, das Thema aus den verschiedenen Perspektiven anzugehen und vielfältige Lösungen zu finden.
Sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben bei der Entstehung des Diskussionspapiers mitgewirkt. Leiter der Arbeitsgruppe waren Prof. Dr. Karl Wilbers von der WiSo und Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Präsident des BIBB.
Prof. Dr. Karl Wilbers, Leiter des Lehrstuhls für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der WiSo, hebt hervor: „Das Ziel der Arbeitsgruppe 9+1 ist es, wissenschaftlich gut gestützte und konkrete Hinweise zur Weiterentwicklung der Berufsbildung vorzulegen, und zwar in der ganzen Breite“.
BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser betont: „Angesichts der Bedingungslage und der Herausforderungen, die die Transformation mit sich bringt, muss die berufliche Bildung zwingend zukunftsfester werden. Wir dürfen dabei nicht scheuen, auch neue Wege zu gehen!“
Über die Arbeitsgruppe 9+1
Beteiligt an der Arbeitsgruppe 9+1 waren neben der WiSo (FAU) und BIBB die Eberhard-Karls-Universität Tübingen, die Universität Paderborn, die Universität zu Köln, die Universität Osnabrück, das Deutsche Jugendinstitut sowie die Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd.
Das Diskussionspapier „Zukunftsfähig bleiben! 9 +1 Thesen für eine bessere Berufsbildung“ sowie eine Kurzfassung davon finden Sie hier.