Forschende untersuchen die Folgen von Social-Media-Stress

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.

Wann hatten Sie das letzte Mal Technostress?

Soziale Medien wie Facebook und Instagram können sogenannten Technostress auslösen. Anstatt jedoch die Plattform weniger oder gar nicht mehr zu nutzen, wechseln manche Menschen lediglich von einer Funktion zu einer anderen. Sie entziehen sich also den Ursachen des Stresses, ohne das Medium zu verlassen, auf dem er entstanden ist. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Lancaster University, der Universität Bamberg sowie der FAU herausgefunden und im Information Systems Journal veröffentlicht.

Die Forschungsgruppe untersuchten die Gewohnheiten von 444 Facebook-Nutzern und -Nutzerinnen. Sobald Aktivitäten wie Chatten, Scannen von Nachrichten-Feeds und Veröffentlichen von Updates zu Stress führten, wechselte ein Teil zu einer anderen Aktivität innerhalb des Netzwerks. Dieses Verhalten erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass die Nutzer eine „Technologiesucht“ entwickeln, da die verschiedenen Features der Plattform über längere Zeit verwendet werden. Die Nutzerinnen und Nutzer suchen also Ablenkung innerhalb des sozialen Netzwerks als Bewältigungsmechanismus für Stress, der durch eben dieses ausgelöst wurde anstatt die Tätigkeit zu beenden und sich anderweitig zu beschäftigen.

Vom Chat genervt, aber trotzdem weiter bei Facebook

„Auch wenn dies der Intuition widersprechen mag, bleiben Social-Media-Nutzerinnen und -Nutzer weiterhin auf denselben Plattformen, die sie belasten, anstatt sie zu verlassen, was die Grenze zwischen der stressverursachenden Nutzung und der zwanghaften Nutzung verschwimmen lässt“, erklärt Mitautorin Monideepa Tarafdar, Professorin für Informationssysteme und Co-Direktorin des Zentrums für technologische Zukunftsforschung an der Lancaster University Management School.

Wirtschaftsinformatiker Dr. Christian Maier von der Universität Bamberg, der die Daten der Facebook-Nutzer und -Nutzerinnen zusammen mit Prof. Dr. Sven Laumer, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft an der WiSo, sammelte, führt aus: „Da soziale Netzwerke eine so große Bandbreite an Funktionen bieten, können sie für Nutzerinnen und Nutzer sowohl Stressfaktor als auch Ablenkung darstellen. Selbst wenn diese Personen von sozialen Medien gestresst sind, verwenden sie die gleichen Plattformen, um diesen Stress zu bewältigen. Sie verlagern ihre Aktivitäten innerhalb der Netzwerke und bauen letztendlich ein zwanghaftes und übermäßiges Verhalten auf. Infolgedessen vertiefen sie sich noch stärker in die Plattform anstatt sich von ihr zu lösen und geraten so in eine Abhängigkeit. “

Das Forschungsteam untersuchte verschiedene Formen von Technostress, die durch soziale Medien hervorgerufen werden. So hatten Nutzerinnen und Nutzer das Gefühl, dass die Netzwerke in ihr persönliches Leben eindringen, sie ihre Nutzung an die ihrer Freunde anpassen, sie übermäßigen sozialen Erwartungen und einer Flut an Informationen ausgesetzt sind und mit ständigen Änderungen und Aktualisierungen konfrontiert werden.

Es zeigte sich: Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer begegnen Technostress durch soziale Medien auf zwei unterschiedliche Weisen. Der naheliegende Weg: auf Aktivitäten außerhalb sozialer Medien ausweichen. Dieser Personenkreis klinkte sich aus der Plattform aus, sprach mit anderen oder der Familie über ihre Probleme und verbrachten weniger Zeit im Netzwerk. Der andere Weg bestand hingegen darin, innerhalb der sozialen Plattform andere Angebote zu nutzen und so möglicherweise abhängig zu werden. Dieses Verhalten zeigten vor allem diejenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Plattform regelmäßiger nutzten.

Positive Rückmeldungen mit verstärkendem Effekt

„Wir haben festgestellt, dass die Personen, die intensivere Social-Media-Nutzer sind, eher zu einem anderen Angebot auf der Plattform wechselten, um dem Stress zu entgehen und daher eher innerhalb des Netzwerks blieben anstatt sich auszuklinken. Je stärker jemand soziale Medien nutzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sie auch zur Ablenkung bei Stress einsetzt und auf diese Weise vielleicht eine Abhängigkeit von der Plattform entwickelt“, sagt Prof. Sven Laumer und fügt hinzu: „Benutzerinnen und Benutzer gehen zu verschiedenen Bereichen der Plattform, die sie als getrennt betrachten und die sie auf unterschiedliche Weise nutzen. Bei Facebook gibt es ganz unterschiedliche Funktionen und Angebote – und alles auf derselben Plattform. Die Möglichkeiten reichen vom Chatten über das Posten von Bildern bis hin zu Online-Spielen.“

Prof. Monideepa Tarafdar ergänzt: „Die Idee, dasselbe Umfeld, das den Stress verursacht, als Mittel zur Bewältigung dieses Stresses zu verwenden, ist neu. Es ist ein interessantes Phänomen, das für Technostress, der durch soziale Medien hervorgerufen wird, charakteristisch zu sein scheint.“

Verschiedene Medien berichteten zum Thema:

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Sven Laumer
sven.laumer@fau.de