Forscher am Fachbereich untersuchen regionale Strukturförderungsmaßnahmen
Wirkung und Akzeptanz
In marktwirtschaftlich organisierten Nationen stehen sich ökonomisch unterschiedlich starke Regionen gegenüber. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Lebensqualitäten in den jeweiligen Regionen und deren Attraktivität als Wirtschaftsstandorte. Häufig greift hier die Politik mit Strukturförderungsprogrammen ein, um mittels Umverteilung die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen der unterschiedlichen Regionen anzugleichen. Doch wie sehen dies die Menschen in den betroffenen Gebieten? Sowohl die Auswirkungen, als auch die Akzeptanz verschiedener politischer Strukturförderungsmaßnahmen sollen nun in einer Studie zusammen von der FAU und der Universität Marburg untersucht werden.
Prof. Dr. Matthias Wrede vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre insb. Sozialpolitik am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften stellt das von der Volkswagenstiftung finanzierte Projekt „Gleichwertige Lebensverhältnisse – Wahrgenommene Gerechtigkeit und wirtschaftliche Effekte von regional ausgerichteten Politiken“ vor.
Was wird in diesem Projekt genau untersucht?
In Deutschland zeigen sich aktuell große Unterschiede in den Produktions- und Lebensbedingungen der Regionen. Diese gehen einher mit -unterschiedlicher Lebenszufriedenheit und führen unter anderem zu Migration in die aufstrebenden Regionen. Dies stellt die Politik vor die Herausforderung, gleichwertige Lebensverhältnisse durch wirksame Maßnahmen zu fördern. Dabei erstrecken sich staatliche Politikmaßnahmen von der Sicherung der Daseinsvorsorge, dem horizontalen und vertikalen Finanzausgleich sowie der gezielten Förderung strukturschwacher Regionen bis hin zu indirekten Mechanismen, die von Regionen mit hohen Löhnen und günstigen Arbeitsmarktbedingungen in solche mit weniger positiver Ausstattung umverteilen. Ihr Erfolg hängt dabei von der Wirkung und auch der Akzeptanz der Maßnahme ab.
Das Projekt analysiert daher die Wirkungen und die Akzeptanz von Politiken, die ausgewählte Regionen stärken, Ressourcen regional umverteilen und somit der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse dienen.
Was untersuchen die jeweiligen Arbeitsgruppen dabei?
Die Arbeitsgruppe Soziologie von Prof. Dr. Martin Abraham, Lehrstuhl für Soziologie und empirische Sozialforschung, untersucht, welche Rolle Gerechtigkeitseinstellungen für die Akzeptanz und Beurteilung von Maßnahmen der regionalen Umverteilung spielen. Zudem untersucht die Gruppe, welche Kriterien die Bevölkerung nutzt, um regionale Umverteilung zu beurteilen.
Die Arbeitsgruppe Ökonomie untersucht insbesondere am Beispiel des kommunalen Finanzausgleichs, inwieweit Finanzausgleichssysteme – unter Berücksichtigung der Erhebung von Steuern und der Verteilung der Steuereinnahmen – gesamtwirtschaftlich positive Effekte aufweisen und inwiefern Ressourcen so regional umverteilt werden, dass dies allgemein akzeptierten Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht.
Die Arbeitsgruppe Wirtschaftsgeographie von Prof. Dr. Dr. Thomas Brenner, Fachgebiet Wirtschaftsgeographie und Standortforschung, der Universität Marburg analysiert, inwieweit regionalpolitische Instrumente regionales Wachstum und Konvergenz stärken und die regionalen Lebensbedingungen verbessern..
Wahrgenommene Gerechtigkeit und wirtschaftliche Effekte von regional ausgerichteten Politiken: Wo driften Wahrnehmung und Realität auseinander?
Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Befragten vor allem die Angleichung der faktischen Lebensbedingungen durch Subventionen erwarten, während die wirtschaftlichen Effekte in den Regionen eine deutlich geringere Rolle spielen. Erste Ergebnisse der Wirkungsanalysen zeigen, dass regionalpolitische Instrumente (vor allem Strukturförderprogramme) in der Tat positive Effekte auf die Wirtschaftssituation und die Lebensbedingungen haben, dass diese jedoch von der Situation in den einzelnen Regionen abhängen und eine Angleichung bei weitem nicht erreicht wird.
Wie ist der Ist-Zustand? Woran müssen Politik und Gesellschaft arbeiten?
Regionale Unterschiede sind in dynamischen Marktwirtschaften unvermeidbar und dienen in gewissem Maße auch dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum. Die Effekte der regionalpolitischen Instrumente auf Wachstum und Konvergenz sind eher gering und ein Ausgleich regionaler Unterschiede ist mit den verfügbaren Mitteln nicht erreichbar und gesamtwirtschaftlich auch nicht sinnvoll. Es muss eine intensivere Diskussion über Nutzen und Kosten sowie eine effektivere Mittelverteilung regionalpolitischer Maßnahmen, die auch die Ausgangsituation in den Regionen berücksichtigt, geführt werden. Priorisierung und Ausrichtung auf einen gesellschaftlich definierten Stand der Daseinsvorsorge und der sozialen und technischen Infrastruktur im ganzen Land scheint erforderlich. Widersprüchliche Politiken sollten entsprechend neu ausgerichtet werden. Darüber hinaus sollten Maßnahmen und ihre Vergabeprozesse transparenter gestaltet werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.
Weitere Informationen:
www.gleichwertige-lebensverhaeltnisse.econgeo.de
Prof. Dr. Matthias Wrede
Tel.: 0911/5302 952
matthias.wrede@fau.de